Samstag, 30. Juni 2007

Suchaktionen nach „Nessie“

Die erste größere Suchaktion nach dem „Ungeheuer vom Loch Ness“ startete bereits am 13. Juli 1934 – ein Jahr nach der ersten „modernen Sichtung“ von „Nessie“ durch das Ehepaar Mackay aus Drumnadrochit. Diese umfangreiche Suche wurde durch den Versicherungskönig Sir Edward Mountain (1872–1950), den Eigentümer der „Eagle Star Insurance Company“, veranlasst, der mit Interesse die Zeitungsberichte über das Monster gelesen hatte.
Mountain beauftragte Captain James Fraser damit, zusammen mit 20 Arbeitslosen aus Inverness das Loch Ness zu beobachten. Diese Männer waren mit Ferngläsern und Fotoapparaten ausgerüstet. Ein Bus brachte sie jeden Tag zu ihren Standpunkten rund um den See. Jeder Beobachter erhielt pro Woche 2 englische Pfund als Lohn. Für jede gute Fotografie des Monsters wurden weitere 10 Guineas versprochen. Bei dieser Suchaktion gelangen angeblich elf Sichtungen und fünf Fotos des Seeungeheuers, die in Wirklichkeit aber meistens nur von Booten erzeugte Wellen zeigen.
Das beste Ergebnis der Kampagne kam erst zustande, nachdem die 20 Beobachter ihre Tätigkeit eingestellt hatten: Captain Fraser und sein Assistent konnten am Morgen des 15. September 1934 an der Straße nördlich der Burg „Urquhart Castle“ zwei Minuten lang ein dunkles unbekanntes Objekt filmen. Wissenschaftler, die diesen Streifen sahen, glaubten, es handle sich um einen Seehund. Der Film ging später verloren.
1957 veröffentlichte die Autorin Constance Whyte, die Ehefrau des Direktors des „Kaledonischen Kanals“, in ihrem Buch „More than a legend – the story of the Loch Ness monster“ zahlreiche Berichte von Augenzeugen, die angeblich „Nessie“ gesehen haben wollten. Ihr teilweise belächeltes Werk inspirierte eine neue Generation privater „Monsterjäger“ und lenkte endlich die Aufmerksamkeit seriöser Wissenschaftler auf „Nessie“. Bis dahin hatte das „Ungeheuer“ nur als Futter für die Presse während der nachrichtenarmen „silly season“ gegolten, die man in Deutschland als „Sauregurken-Zeit“ bezeichnet.
In der Folgezeit forschten vier Expeditionen nach „Nessie“. Zuerst die „British Broadcasting Corporation“ („BBC“), dann drei renommierte britische Universitäten: nämlich Cambridge und Oxford (1960, 1961, 1962), und Birmingham (1961).
1960 kam erstmals der britische Luftfahrtingenieur Tim Dinsdale (1924–1987) zum Loch Ness, den ein Film über das Seeungeheuer stark beeindruckte: Er gab seine berufliche Karriere auf und widmete fortan sein Leben nur noch der Suche nach „Nessie“.
Eine Gruppe von privaten Forschern gründete am 20. März 1962 das „Loch Ness Phenomena Investigation Bureau“ (LNPIB), dessen Name später abgekürzt wurde und nur noch „Loch Ness Investigation Bureau“ („LNIB“) hieß. Zu ihnen gehörten das Parlamentsmitglied David James, Sir Peter Scott (1909–1989), einer der renommiertesten britischen Naturforscher, der Naturforscher Richard Fitter sowie die erwähnte Autorin Constance Whyte. Das Hauptquartier „Long lens“ des „LNIB“ befand sich in Achnahannet.
Vom 27. Juni bis zum 23. Juli 1960 leitete der am Londoner „British Museum of Natural History“ tätige Zoologe Peter Baker die erste Expedition der Universitäten Cambridge und Oxford im Loch Ness. Weitere Expeditionen folgten 1961 und 1962.
Bei der „Cambridge-University-Expedition“ vom 1962 gelangen 19 „Sichtungen“. Damals stellte man fest, dass die „Sichtungen“ mehrhöckriger „Seeschlangen“ auf von Booten erzeugten Wellen beruhten. Dagegen gingen die „Sichtungen“ langhalsiger „Monster“ auf tauchende Wasservögel zurück. Während der Expedition kam aber auch ein unerklärlicher Sonarkontakt zustande, über den Peter Baker und Mark Westwood am 26. August 1962 in der Londoner Zeitung „The Observer“ berichteten. Die Schlagzeile lautete: „Sounding out the Monster“.
Ab 1970 setzte die „Academy of Applied Sciences“ in Boston (Massachusetts) das Sonar („Sound navigation and ranging“) genannte Schallortungsverfahren und Unterwasserkameras ein, um das „Loch-Ness-Monster“ zu filmen. Weitere Expeditionen dieser amerikanischen Institution folgten.
Beim Sonar werden Schall- oder Ultraschallimpulse ausgesendet. Die Zeit bis zum Eintreffen der von einem Hindernis zurückgeworfenen Impulse dient zur Berechnung der Hindernisentfernung bzw. zur Sichtbarmachung des Objekts auf dem Bildschirm. Das Sonar lässt sich in festen Körpern, in Luft und im Wasser anwenden. „Nessie“ hat man angeblich mehrfach durch Sonar geortet.
Zu früher Morgenstunde des 8. August 1972 um 1.45 Uhr gelangen bei Unterwasseraufnahmen der „Academy of Applied Science“ und des „Loch Ness Investigation Bureau“ unter Leitung von Dr. Robert Rines sensationelle Fotos. Das Sonar erkannte ein etwa 7 bis 10 Meter langes Objekt, von dem man zunächst annahm, es handle sich um Fischschwärme, weil das Signal nicht lange anhielt.
Doch als die Fotos der Kamera entwickelt waren, die durch das Sonar ausgelöst wurden, zeigten zwei Aufnahmen ein Objekt, das wie eine Flosse aussieht. Dieses „computerverstärkte“ Bild einer etwa 60 bis 90 Zentimeter breiten und ca. 1,80 bis 2,40 Meter langen Flosse wurde bekannt als „the flipper photograph“ („Flossen-Foto“) und erregte weltweit Aufsehen.
Ein dritte Aufnahme präsentierte offenbar eine Kreatur mit langem Hals, dickem Körper und Flossen – also typischen Merkmalen für einen Plesiosaurier.
Als Sensation galten auch Unterwasseraufnahmen, die der „Academy of Applied Science“ am 20. Juni 1975 gelangen. Die Bilder zeigen angeblich ein bräunliches plesiosaurierartiges Tier mit 6 Meter langem Körper und 2,50 Meter langem Hals sowie den hässlichen Tierkopf einer unbekannten Art. Auf diesen Motiven glaubten selbst seriöse Wissenschaftler wie George Zug vom „Smithsonian Institut“ und Sir Peter Scott, der 1946 die „Wildfowl & Wetland Trust“ (WWT) gegründet hatte, das „Loch-Ness-Monster“ zu sehen.
Der Naturforscher und Künstler Sir Peter Scott schuf 1975 ein Gemälde, das zeigen sollte, wie das „Loch-Ness-Monster“ aussah. Das Bild präsentiert zwei Plesiosaurier mit mächtigen Flossen. Außerdem gab Scott 1975 dem Seeungeheuer den wissenschaftlichen Namen „Nessiteras rhomboteryx“.
Die anfängliche Begeisterung über die spektakulären Unterwasseraufnahmen von 1972 und 1975 dauerte aber nicht lange. Nach Ansicht von Experten des Londoner „British Museum of Natural History“ war der Kopf auf dem Ganzkörperfoto von 1972 nicht mit dem „Hals“ verbunden. Das „Discover Magazine“ beschuldigte 1984 Dr. Robert Rines, Fotos manipuliert zu haben, bevor er sie veröffentlichte. Doch Rhines und ein Fotolabor wiesen dies zurück. Andere Kritiker meinten, der hässliche Tierkopf von 1975 ähnle eher einem Baumstumpf oder einem Motorblock als einem Plesiosaurier. Dieser Tierkopf soll ein Baumstumpf gewesen sein, der 1987 während der Expedition „Operation Deepscan“ entdeckt wurde.
1976 forschten zwei amerikanische Expeditionen nach „Nessie“. Daran nahmen insgesamt mehr als 30 Wissenschaftler teil: Zoologen, Paläontologen, Ozeanologen, Mikrobiologen, darunter Kapazitäten aus so renommierten Häusern wie dem „Massachusetts Institute of Technology“ und der „Harvard University“. Als Hauptquartier der amerikanischen Forscher diente Temple Pier, der kleine Hafen von Drumnadrochit in der Bucht der Burg „Urquhart Castle“, wo sich die Lachse sammeln, bevor sie zum Laichen schwimmen. Bei der fast vier Monate währenden Forschungskampagne orteten Sonargeräte große sich bewegende Objekte. Ergebnis dieser Expeditionen: Das unbekannte Wesen im Loch Ness ist ein Wirbeltier, etwa 10 bis 15 Meter lang, Kiemenatmer, vermutlich ein Riesenmolch. Es müsse nicht nur eine
„Nessie“ geben, sondern etwa 20 bis 50 Exemplare, um die Spezies über Jahrtausende hinweg am Leben zu erhalten.
Als bisher größte Suchaktion nach „Nessie“ gilt die „Operation Deepscan“ unter Leitung des schottischen Naturforschers Adrian Shine vom 9. bis 11. Oktober 1987. Bei dieser Expedition durchkämmten etwa 25 Motorboote Loch Ness und scannten den See mit Schallwellen. Ausbeute: drei starke Sonarkontakte von einem „großen und bewegten Objekt“ in etwa 67 Metern Tiefe. Kurioserweise kamen zur Pressekonferenz der „Operation Deepscan“ mehr Journalisten als zum Gipfeltreffen der Politiker Michail Gorbatschow und Ronald Reagan auf Island im selben Jahr.
Erfolglos verlief eine kleine Suchaktion nach dem „Ungeheuer vom Loch Ness“ vom 5. bis 7. Oktober 1990. Damals hatte das britische Wettbüro William Hill eine Prämie von 250000 britischen Pfund für einen „konkreten Beweis“ ausgesetzt, dass „Nessie“ existiert. Aber das Monster ließ sich nicht blicken.
Für das Ergreifen des „Ungeheuers vom Loch Ness“ sind mehrfach ansehnliche Belohnungen ausgelobt worden: Der New Yorker Zoo bot 5000 US-Dollar, der Zirkus Bertram Mills 20000 britische Pfund, die „Black and White Distillery“ sogar 1 Million Pfund. Noch heute sind 500000 britische Pfund der Guiness Brauerei erhältlich.
Während der frühen 1990-er Jahre organisierte Nicholas Witchell von der „British Broadcasting Corporation“ („BBC“) das „Project Urquhart“, das die Biologie und Geologie des Loch Ness erforschen sollte. Dabei entdeckte man zwar kein Monster, aber große Unterwasserhöhlen. Weitere Höhlen wurden 1997 bei einer Expedition von Dr. Robert Rines und Charles Wyckoff gefunden.
Im Frühjahr 2001 startete das „Global Underwater Search Team“ (Gust) des schwedischen Kryptozoologen Jan-Ove Sundberg eine „Operation Cleansweep“ genannte Suchaktion nach „Nessie“. Das Team wollte an Bord des 11 Meter langen Motorbootes „Highland Commander II“ dem sagenhaften Wesen mit Unterwassermikrophon und Multibeam-Sonar zu Leibe rücken. Eine sieben Meter lange Reuse mit etwa 1,60 Metern Durchmesser lag bereit, um ein Jungtier von „Nessie“ zu fangen. Doch das Ungeheuer ging nicht ins Netz.
Bei einer früheren Suchaktion nach „Nessie“ hörte der Kryptozoologe Sundberg einen lauten brausenden Ton durch das Unterwassermikrophon: „Es klang wie ein großes Tier mit breiten Flossen, das sich durch Wasser bewegt“.
Erfolglos jagte von Mai bis Oktober 1969 der ehemalige US-Marinesoldat Dan Taylor das Seeungeheuer mit seinem etwa 6 Meter langen, 2 Tonnen schweren und knallgelben Ein-Mann-U-Boot „Viperfish“. 2002 vollendete Taylor sein neues U-Boot „Nessa“, mit dem er erneut auf Monsterjagd gehen wollte.
Die Jagd auf das „Ungeheuer“ im Loch Ness trieb manche Blüten. Ein amerikanischer „Nessie“-Jäger wollte dazu dressierte Delphine einsetzen. Doch eines der Tiere starb während der Akklimatisation im „New England Aquarium“. Wenig Erfolg hatte auch ein Elektronik-Experte, der als Köder für das Monster unter anderem Beethovens fünfte Sinfonie mit Hochfrequenzwellen ins Wasser strahlte. Nur Schwärme von Aalen fühlten sich davon angesprochen.



Expeditionen
im Loch Ness

1933: „Daily Mail-Expedition“ von Marmaduke Wetherell

1934: „Sir Edward Mountain-Expedition“

1960: „Peter Baker-Expedition“ der Universitäten Cambridge und Oxford

1961: „Birmingham University-Expedition“

1962: „Cambridge University-Expedition“

1962–1972: „Loch Ness Phenomena Investigation Bureau-Expeditionen“

1969: „Field Enterprises-Expedition“

1971: „Academy of Applied Science-Expedition“

1972: „Black and White Scotch-Expedition“

1973: Japanische Expedition

1974: „Loch Ness an Morar Project-Expedition“

1976: „New York Times“-Expedition und „Academy of Applied Science“-Expedition

1987: „Operation Deepscan“

1992/1993: Nicholas Witchell’s Expedition „Project Uquhart“

2001: „Operation Cleansweap“ des schwedischen Kryptozoologen Jan-Ove Sundberg

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